Hockey EM 2023 in Mönchengladbach

#Hockeyfieber

Mit Stefanie Hiepen

In unserer neuen Blogreihe #Hockeyfieber stimmen wir Euch auf die diesjährige Hockey EM vom 18. bis 27. August im Mönchengladbacher Hockeypark und gleichzeitige Specialhockey ID vom 20. bis 23. August ein! Hier stellen wir Euch Hockey-Nationalspieler*innen vor, die ihre Wurzeln in Mönchengladbach haben und der GHTC-Talentschmiede entsprungen sind. Natürlich werden wir nicht nur einen Blick auf die Erfolge werfen, sondern sprechen in Interviews auch über unbekannte Seiten – von Hockey-Weltmeisterinnen, die Kinderbücher schreiben, bis hin zu Hockey-Weltmeistern, die bereits ihre eigene Limonade gebraut haben.
Also lasst Euch überraschen und schaut wöchentlich hier in unserem Blog vorbei!

Hockey EM 2023 im Mönchengladbach

Tag(e)

:

Stunde(n)

:

Minute(n)

:

Sekunde(n)

Weiter geht’s mit Stefanie Hiepen – Weltmeisterin, Kinderbuchautorin und Erzieherin aus Mönchengladbach!

„Hockey trainiert vor allem die feinmotorischen Fähigkeiten und ist sehr förderlich für die kognitive Entwicklung von Kindern!“

Sie wuchs in einer waschechten Hockeyfamilie auf! Mit 13 Jahren packte sie das erste Mal den Krumschläger an, spielte in der Jugendnationalmannschaft und brachte 2003 den Weltmeistertitel mit nach Hause. Ihre Leidenschaft zum Hockey zeigte sie nicht nur auf dem Feld, sondern auch in Ihrem selbstgeschriebenen Kinderbuch „Jimmy und die Platzpiraten“, in dem die Werte Freundschaft, Teamgeist und der Spaß am Hockey vermittelt wird. Heutzutage arbeitet sie als Erzieherin im Familienzentrum Steinshütte, wo es dank Ihr auf dem Außengelände ein Mini-Hockey-Spielfeld gibt.

„Steffi“ spricht mit uns im Interview über Ihr Hockey-Kinderbuch und welche Werte das Hockeyspiel Kindern vermitteln kann.

Stefanie Hiepen Hockey Mönchengladbach

Stefanie Hiepen

#Spielerfakten

Name | Stefanie Hiepen

Jahrgang | 1973

Geburtsort | Mönchengladbach

Wohnort | Mönchengladbach

Heimatverein | GHTC

Aktueller Hockeyverein |

Position | Verteidigung

Anzahl Länderspiele | 25

Größte Hockeyerfolge | 2003 Weltmeisterin

Hallo Frau Hiepen, fangen wir einmal vorne an… Wie haben Sie Ihre Liebe zum Hockey entdeckt?

Ich hatte das Glück in einer echten Hockeyfamilie und vor allem in einem genialen Hockey- und Tennisverein, dem GHTC, aufzuwachsen. Bereits meine Eltern Brigitte und Günter Krauß waren leidenschaftliche Hockey- und Tennisspieler. Meine ganze Familie ist dem Hockeysport verfallen: Mein Bruder Achim Krauß ist der Besitzer des Hockeyfachhandels „Der Hockeykrauss“, mein anderer Bruder Thomas Krauß ist Vorsitzender des GHTCs, meine Tochter ist Hockeyspielerin beim Hamburger Polo Club und mein jüngster Sohn spielt mit meinen drei Neffen beim GHTC. Mein ältester Sohn war auch eine Zeit lang als Hockeyspieler unterwegs, aber weil in seinem Jahrgang leider zu wenig Hockeykinder gemeldet waren, wechselte er zum Fußball. Wie man sieht, spielt Hockey eine sehr große Rolle in unserer Familie. Auch mein Mann André Schiefer ist ehemaliger Hockey-Nationalspieler und erfolgreicher Hockeytrainer.
Der GHTC war für mich als Kind wie ein zweites Zuhause. Dort gibt es viel Platz, ein großes Schwimmbad, verschiedene Sportangebote und sehr viele Möglichkeiten sich auszuleben. Hier habe ich einen großen und sehr glücklichen Teil meiner Kindheit verbracht.
Als Kind durfte ich mich aber auch in vielen anderen Sportarten ausprobieren. Letztendlich war Hockey die Sportart, die mich glücklich gemacht hat. Ich fühle mich in einer Mannschaft einfach deutlich wohler als in Einzelsportarten. Rückblickend habe ich mich genau richtig entschieden. Mit meiner Mannschaft vom GHTC habe ich fantastische Zeiten erlebt, sowohl in der Jugend als auch in meiner Erwachsenenzeit. Hier habe ich viele überregionale und immer noch währende Freundschaften knüpfen können, viele schöne Orte bereisen und großartige Erfolge feiern dürfen.

 

Sie sind ausgebildete Pädagogin, arbeiten als Erzieherin in Mönchengladbach und haben im Hockeysport den Weltmeistertitel geholt. Welche Parallelen gibt es im Hockey und in der Erziehung von Kindern?

Die Lebensumstände vieler Kinder haben sich in den letzten Jahren sehr stark verändert. Die heutige Zeit ist von Digitalisierung, Schnelllebigkeit und Zeitdruck geprägt. Zu Hause verbringen Kinder immer häufiger Zeit vor diversen Bildschirmen. Dadurch bleibt den Kindern nur wenig Raum und Zeit sich zu bewegen, Kräfte zu messen, sich auszuprobieren oder mit echten sozialen Kontakten in Berührung zu kommen. Das sind alles wertvolle Eigenschaften, die für eine positive Persönlichkeitsentwicklung von enormer Bedeutung sind. Der vermehrte Fachkräftemangel in Kitas und Schulen verstärkt diesen negativen Effekt nochmal: hier fallen dann Sportstunden und Bewegungsangebote aus.
Der Hockeysport kann eine Art „unterstützende Erzieherfunktion“ übernehmen und sich dadurch positiv auf die Entwicklung von Kindern auswirken. Denn Kinder, die regelmäßig das Haus verlassen, um mit ihrer Mannschaft zu trainieren, am Wochenende zu spielen oder ein Hockeyspiel anzuschauen, sind im echten Leben unterwegs. Durch Bewegung stärken Kinder nicht nur ihr Immunsystem, sondern fördern auch ihre körperliche Leistungsfähigkeit. Die Grundbausteine für Schnelligkeit, Gleichgewicht und Koordination werden bereits im frühen Kindesalter gelegt. Im Hockeysport wird insbesondere die Hand-Augen-Koordination geschult. Das trainiert vor allem die feinmotorischen Fähigkeiten und ist sehr förderlich für die kognitive Entwicklung von Kindern. Hockey ist auch eine taktisch anspruchsvolle Sportart, die natürlich auch schon bei den Kleinsten zum „Mitdenken“ anregt. Durch den Mannschaftssport setzt man sich automatisch mit vielen unterschiedlichen Menschen auseinander, dass wiederrum die Sozialkompetenzen der Kinder schult. Außerdem lernen sie beim Hockey flexibel zu sein und sich unterschiedlichen Anforderungen anzupassen: im Sommer auf dem Feld, im Winter in der Halle. Und anders als bei anderen Sportarten haben die Kleinen die Möglichkeit auf „greifbare“ Vorbilder wie Nationalspieler*innen zu treffen. Hockey ist nämlich ein absoluter Familiensport, es wird auch immer von der „großen Hockeyfamilie“ gesprochen. Zusammengefasst werden beim Hockey viele wichtige Werte und Eigenschaften vermittelt und gelebt, was sich auch sehr positiv auf die weitere Zukunft der Kinder auswirken kann. Sowohl im schulischen oder beruflichen Bereich als auch im alltäglichen Leben sind Hockeyspieler*innen oft mit einem prallgefüllten Kompetenzen-Rucksack unterwegs und haben gute Chancen auf ein erfülltes und glückliches Leben.

 

Welche positiven Werte kann Hockey als Sportart bei Kindern und ihrer Entwicklung vermitteln?

Beim Hockey werden sehr viele wichtige Werte vermittelt, die eine positive Persönlichkeitsentwicklung in einem hohen Maß begünstigen. Wer wünscht sich nicht ein selbstbewusstes und glückliches Kind? Unser Sport bietet sowohl beim Training als auch bei Spielen zahlreiche Möglichkeiten, sich in wertvollen Bereichen zu üben. Kinder lernen sich mit ihren Stärken und Schwächen in ein Team einzufügen – bestenfalls, ohne ihre eigene Persönlichkeit zu verlieren. Im Vergleich zu anderen Sportarten ist Hockey ein eher kontaktarmer Sport mit wenig Raum für disziplinloses Verhalten. Foulspiel und Schwalben werden sehr konsequent mit Karten geahndet. Da lernen Kinder recht schnell, dass man nicht nur sich selbst, sondern auch seinem Team mit unsportlichem Verhalten schadet. Gewinnen und Verlieren, auf der Bank sitzen oder viel Spielzeit bekommen, Held sein oder manchmal auch kläglich scheitern – das alles gibt es beim Hockey gratis dazu.
Kinder lernen schon im frühen Alter mit schwierigen Situationen umzugehen bzw. diese auszuhalten. Dadurch werden sie stärker und vor allem widerstandsfähiger, was in der heutigen Zeit immer bedeutsamer für eine gesunde Entwicklung ist. Demnach sind Teamfähigkeit, Respekt und Toleranz, Fairness und die Steigerung der Frustrationstoleranz absolut wertvolle Kernkompetenzen. Weitere wesentliche Werte, die mit dem Hockeysport automatisch einhergehen, sind in meinen Augen auch Zuverlässigkeit, Disziplin und Hilfsbereitschaft, aber auch die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen oder eigene Entscheidungen zu treffen.

 

Neben Ihrer Arbeit als Erzieherin haben Sie das Kinderbuch „Jimmy und die Platzpiraten – Hockey ist cool!“ geschrieben, das vom kleinen Jimmy handelt, der traurig ist, da kaum einer seiner Kindergartenfreunde seine Leidenschaft zum Hockey teilt. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Das Buch „Jimmy und die Platzpiraten“ habe ich herausgebracht, um Hockey bekannter zu machen und Kindern eine Chance zu geben, diese Sportart besser kennenzulernen. Hockey ist ein großartiger Sport, der aber in meinen Augen zu wenigen Menschen bekannt ist. Außerdem hat Hockey immer noch mit diversen Vorurteilen zu kämpfen, beispielsweise denken viele, dass die Verletzungsgefahr durch den Schläger und den harten Ball besonders groß sei oder, dass man automatisch mit Rückenschmerzen zu kämpfen hat, weil man ja nur gebückt rumläuft. Diese Vorurteile sind längst widerlegt: Die Verletzungsgefahr ist sogar deutlich geringer als in anderen Mannschaftssportarten, da Hockey ein nahezu körperloser Sport ist und das Regelwerk die Spieler sehr gut vor Verletzungen schützt.
Zudem wird bei den meisten Hockeyvereinen bereits im Kindesalter viel Wert auf Prävention und eine ganzheitliche motorische Ausbildung gelegt. Gerade im Bereich des Athletiktrainings ist speziell der GHTC sehr professionell unterwegs. Ich persönlich habe durch den Hockeysport sehr viele wertvolle Erfahrungen gesammelt, Freundschaften geschlossen und auch eine gesunde Einstellung zu mir und meinem Körper entwickeln können. Ich denke, dass der Hockeysport mich vor diversen negativen Einflüssen geschützt und mir auch in schwierigen Zeiten Halt gegeben hat. Hockey hat mich einfach glücklich gemacht. Und damit möglichst viele Kinder ähnliche Erfahrungen sammeln können, habe ich mich vor vielen Jahren entschieden dieses Buch zu schreiben. Die Geschichte habe ich mir ursprünglich für meinen jüngsten Sohn Jimmy ausgedacht, als dieser noch im Kindergartenalter war. Vielleicht wollte ich unbewusst auch erreichen, dass er die Freude am Hockey behält und im Gegensatz zu seinen Geschwistern auch bis ins hohe Jugendalter genügend gleichgesinnte Mitspieler um sich herum hat.

 

In Ihrer erfundenen Kindergeschichte steckt auch ein wenig Realität. Sie haben reale Hockey-Nationalspieler als Figuren eingebunden wie beispielsweise Florian Kunz als „Floh“. Woher kam der Gedanke?

Genau, in dem Buch habe ich reale Nationalspieler*innen eingebunden. Mein Gedanke dahinter war, dass sich so die kleinen Buchbetrachter besonders gut mit ihren Hockeyvorbildern identifizieren können. Die Kinder treffen in der Geschichte beispielsweise auf Lisa Altenburg, Janne Müller-Wieland, Mats Grambusch und Moritz Fürste, die gemeinsam mit dem Kindergartenkind Jimmy eine Mannschaft bilden: die Platzpiraten. Mats und Lisa kenne ich seitdem sie auf der Welt sind. Mats und seine Geschwister haben bei unserer Hochzeit sogar Blumen gestreut. Ihren Werdegang konnte ich somit lange Zeit mitverfolgen. Meiner Meinung nach brauchen Kinder genau solche Idole und Hockeyvorbilder, die sie bei Spielen anfeuern können, die sie ab und zu mal auf Bildschirmen sehen und denen man als kleiner Stöpsel nacheifern kann.

 

Wie ging es dann mit der Veröffentlichung weiter?

Es ging dann so weiter, dass ich Inken Süß von meiner Kindergeschichte überzeugen konnte. Mit ihrer Hilfe wurde dann die Illustration des Buches verwirklicht. Das Thema Buchveröffentlichung nahm dann Fahrt auf, da ich damals mit der ERGO-Versicherung einen wichtigen Unterstützer gewinnen konnte. Durch den damaligen DHB-Sponsor wurde dann eine größere Bücheranzahl finanziert. So konnte das Kinderbuch dann interessierten Kitas und sämtlichen deutschen Hockeyvereinen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

 

Es gibt ja nicht nur das Kinderbuch, sondern auch ein Freundschaftsbuch von „Jimmy und die Platzpiraten“, richtig?

Genau, es gibt einmal das Kinderbuch und das Freundebuch. Das Kinderbuch ist sogar das erste Bilderbuch zum Thema Hockey. Mit seinem Text und seinen großflächigen Bildern ist es sowohl für Kindergarten- als auch Grundschulkinder geeignet. Generell hat mich immer wieder geärgert, dass es im Gegensatz zum Fußball wenig außersportliches Zubehör für kleine Hockeyspieler gab. Deshalb habe ich noch ein Hockeyfreundebuch entwickelt. Hier haben sich Lisa, Janne, Mats, Moritz und der kleine Jimmy sogar mit ihrem echten handschriftlichen Kinder-Steckbriefen eingetragen. Zu sehen, dass diese Hockeystars auch mal klein angefangen haben, schafft bei Kindern noch mehr Verbundenheit.

 

Wie wird Ihr Kinderbuch heute genutzt?

Als Erzieherin nutze ich die Platzpiraten, um meinen Kindergartenkindern die Hockeysportart näher zu bringen. Dabei unterstützt mich regelmäßig Nils Helbig, ein Lizenztrainer beim GHTC. Gemeinsam haben wir auch eine Hockey-AG in unserer Kita ins Leben gerufen, bei der das Kinderbuch, vor allem zur Heranführung neuer Gruppen, zum Einsatz kommt. Auch in diversen anderen Kitas und Grundschulen wird regelmäßig die Geschichte von „Jimmy und den Platzpiraten“ vorgelesen. Selbst Mats Grambusch hat schon in mehreren Kindergärten aus diesem Buch vorgelesen. In unserer Kita haben die Kinder während der Freispiel-Zeit die Möglichkeit, auf unserem genialen Mini-Hockeyfeld oder bei schlechterem Wetter in der Turnhalle zu trainieren. Wenn die Kinder mit strahlenden Augen und voller Freude in der Kita nach den Schlägern verlangen, aus eigener Motivation heraus „Schnecke“ oder „Ballheppen“ trainieren wollen oder sich mehrere Kinder am Nachmittag noch auf den Weg zum Vereinstraining machen, dann ist das einfach ein sehr beglückendes Gefühl für mich.